ADHS Akupunktur-Sprechstunde
Willkommen!
Die ADHS Akupunktur-Sprechstunde in der Praxis im Gängeviertel bietet ab Januar 2021 einen Anlaufpunkt für Menschen mit ADHS-Diagnose und deren Bezugspersonen, die sich über Akupunktur und chinesische Arzneitherapie informieren möchten oder eine solche therapeutische Unterstützung für sich erwägen.
Kinder, Jugendliche, Heranwachsende/ junge Erwachsene und Erwachsene/ 'ältere' Menschen mit 'ADHS-Persönlichkeit' sind gleichermaßen angesprochen!
ADHS - Konstrukt, 'Störung' oder Persönlichkeitsmerkmal?
Mittlerweile sind sowohl zahlreiche genetische Aspekte sowie neurobiologische Besonderheiten bekannt, die zu den Haupterscheinungen dessen führen, was unter dem Begriff 'ADHS' subsummierbar ist (also Hyperaktivität/ Impulsivität, aufmerkamkeitsdefizit-assoziierte Themen oder die Kombination aus den beiden Bereichen sowie höchstwahrscheinlich ein mehr oder weniger stetig höherer Stresslevel).
Stimmen, die postulieren, ADHS sei 'nur eine Erfindung' oder ein Konstrukt, müssen hier klar disqualifiziert und ins Off verwiesen werden.
Dennoch lässt sich hinterfragen, dass Menschen mit einer ADHS-Persönlichkeit per se der (leider immer noch in gewissem Maße stigmatisierende) Stempel einer 'Störung' oder gar 'Krankheit' aufgedrückt wird.
Ab wann einer Besonderheit/ einer Abweichung vom als 'normal' erachteten ein Krankheitswert zugesprochen wird, ist stets von mehreren Faktoren abhängig.
Somit sind psychologische/ medizinische Klassifikationschemata wie das ICD-10/11 oder das DSM-IV/V immer auch ein Spiegel der jeweiligen gesellschaftlichen und politischen Paradigmen ihrer Zeit.
Die begriffliche Unterscheidung in ADHS und ADS, die im deutschsprachigen Raum mitunter noch zu finden ist, wird übrigens international nicht mehr verwendet. Sie wurden durch die Benennung der 'Sub-Typen' Typ Hyperaktivität/ Impulsivität, aufmerkamkeitsdefizit-assoziierter Typ bzw. kombinierter Typ abgelöst.
Uneinig ist die 'Fachwelt' derzeit noch, ob neben der genetischen Vorveranlagung auch bzw. in welchem Maße ein 'Symptomatisch werden' des betroffenen Menschen 'genetisch angelegt' ist oder ob dies trotz vorhandener 'genetischer Veranlagung' primär von individualpsychologischen/ sozialisatorischen/ systemischen Faktoren abhängt (vergleiche Faraone and Larsson, 2019).
Ob man ADHS nun als von der neurotypischen Norm abweichende Besonderheit, als Störung oder gar als Krankheit begreifen möchte, in einem Punkt sollte Einigkeit bestehen: Wenn mit einer ADHS-Diagnose Symptome einhergehen, die einen erheblichen Leidensdruck für die Betroffenen implizieren, muss den betroffenen Menschen geholfen werden.
Neurodiversität
Ursprünglich aus der Asperger-Selbsthilfe hervorgehend, hat sich der Begriff der 'Neurodiversität' mittlerweile auch auf ADHS ausgedehnt. Die ihm zugrundeliegende Idee besagt, dass es, ähnlich wie es eine natürliche 'Verschiedenartigkeit' in der Biologie generell (z.B. sexuelle Präferenzen) gibt, auch eine Vielfältigkeit neurobiologischer Konstitutionen gibt (vergleiche Eapen, 2012). Diese muss nicht der Dominanz der Normativität des 'Durchschnittshirns' folgen. Somit brauchen den von dieser 'Mainstream-Neurobiologie' abweichenden Erscheinungsformen nicht per se ein Störungs- oder Krankheitswert beigemessen zu werden (vgl. White et al., 2011).
Mittlerweile haben etliche Therapeut*innen und Wissenschaftler*innen verschiedener Disziplinen diese Herangehensweise für sich angenommen.
Die ADHS Akupunktur-Sprechstunde in der Praxis im Gaengeviertel ist ebenfalls diesem Ansatz verbunden.
Therapiemethoden
Auf welche Therapiemethoden es im individuellen Fall letztlich auch hinausläuft: Eine Kombination verschiedener Ansätze erscheint häufig am sinnvollsten ('multimodaler Ansatz').
Derzeitig gängiger Standard ist die medikamentöse Therapie mit entweder den zentalen Stimulanzien Methylphenidat (MPH; u.a. Ritalin oder Medikinet, in jeweils verschiedenen Aufnahmeformen (direkt, teilretardiert, retardiert) oder Lisdexamfetamin (u.a. Elvanse), welche v.a. dopaminerg wirken oder dem Noradrenalinwiederaufnahmehemmer Atomoxetinhydrochlorid (ATX; Strattera), welches kein zentrales Stimulanzium ist.
Den verbreitetsten psychotherapeutischen Ansatz stellt derzeit die Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) bereit. Darüber hinaus kommen systemische und psychoedukative Ansätze zur Anwendung.
Wann eine medikamentöse Therapie angezeigt und sinnvoll sein könnte, ist jeweils im Einzelfall zu beurteilen.
Wichtig ist, dass eine ggf. angewandte medikamentöse Therapie als ein Baustein innerhalb eines individuell zusammengesetzten therapeutischen Konzeptes fungiert.
Die alltägliche Lebensrealität etlicher Betroffener gestaltet sich dagegen häufig anders: Häufig bleibt es bei der Gabe von z.B. Ritalin/ MPH, ohne dass weitere therapeutische Maßnahmen anberaumt werden.
Dennoch muss an dieser Stelle der generellen 'Verteufelung' pharmakotherapeutischer Ansätze, welche teils verschwörungstheoretische Ausmaße annimmt, eine klare Absage erteilt werden.
Neben den genannten Therapieformen gibt es mehrere komplementär- und alternativmedizinische (CAM) Ansätze.
Darüber hinaus wird ein möglicher Einfluss der Ernährung auf die Ausprägung der mit ADHS assoziierten Beschwerden diskutiert. Dies hier näher zu erörtern oder zu interpretieren, würde den Rahmen dieser Seite sprengen.
Falls sie diesbezüglich Fragen haben sollten, können wir gerne im persönlichen Gespräch darauf zurückkommen.
Nachfolgend werden der Einfluss der Akupunktur und der chinesischen Arzneimitteltherapie (CHM) auf mit ADHS assoziierte Symptome beschrieben.
Darüber hinaus wird die Betrachtungsweise der Chinesischen Medizin (CM) bzw. Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) erläutert.
Welche Hilfe kann die Akupunktur Menschen mit symptomatischem ADHS bieten?
Gemäß der praktischen Erfahrung vieler CM-Therapeut*innen (in Deutschland Heilpraktiker*innen und Ärzt*Innen) und mittlerweile etlicher Forschungsarbeiten kann Akupunktur einen positiven Einfluss auf die ADHS-Kernsymptomatik (Hyperaktivität/ Impulsivität; reduzierte Aufmerksamkeit) haben.
Darüber hinaus liegen Erkenntnisse vor, daß Akupunktur einen positiven Einfluss auf das Erleben von/ den Umgang mit Stress haben kann. Angesichts dem häufig dauerhaft erhöhten Stresslevel vieler Menschen mit 'ADHS-Besonderheiten' und dem damit verbundenen Leidensdruck eröffnet sich hier ein möglicherweise bedeutungsvolles Potential.
Zudem handelt es sich bei der lege artis angewandten Akupunktur um eine nebenwirkungsarme bis -freie Therapieform.
Dies ist relevant, weil bezüglich der Therapie mit z.B. Psychostimulanzien wie MPH/ Ritalin etc. bisher noch zu wenige Daten vorliegen, um das möglicherweise bestehende Risiko einer Langzeitanwendung angemessen beurteilen zu können (vergleiche Frederiksen and Peleikis, 2015).
Wie ist der Stand der Forschung hierzu?
Etliche Forschungsarbeiten zeigen einen positiven Effekt der Akupunktur auf die ADHS-Kernsymptomatik.
Gleichzeitig lassen sich bei vielen Studien leider methodologische Mängel feststellen.
Der derzeitig höchste Level wissenschaftlicher Erkenntnis in der Medizin stellt das Systematic Review (systematische Übersichtsarbeit) mit einhergehender Metaanalyse (ein statistisches Verfahren) dar. Hier werden wissenschaftliche Studien mit hoher Teilnehmer*innenzahl und von hoher wissenschaftlicher Qualität aus der Vielzahl wissenschaftlicher Publikationen zu einem Thema herausgefiltert und inhaltlich und statistisch miteinander verglichen (Stichworte: Evidenzbasiertheit; evidence-based practice/ evidence-based medicine EBM).
Dies setzt voraus, dass die verwendeten Messparameter der verschiedenen Studien vergleichbar sind. Ferner, dass es mindestens eine Kontrollgruppe gibt und in jeder Gruppe (hier: Gruppe, die Akupunktur erhält; Kontrollgruppe, die z.B. MPH oder ATX erhält; ggf. zusätzliche Kontrollgruppe, die 'unechte' Akupunktur (ähnlich der Gabe eines Placebos) erhält)) ausreichend Teilnehmer*innen sind, um statistische Aussagen und Verallgemeinerungen generieren zu können und dass die Verteilung der Studienteilnehmer*innen auf die Gruppen zufallsverteilt erfolgt.
Zur Wirkung der Akupunktur bei ADHS liegen derzeit drei solcher Systematic Reviews (vergleiche Chen et al., 2021, Li et al., 2011 sowie Lee et al., 2011) und zwei Metaanalysen (vgl. Chen et al., 2021 und Li et al., 2011) vor.
Allerdings waren bei Li et al. (2011) nur drei (aus hunderten urprünglich gesichteten) Studien in ihr Systematic Review aufgenommen worden. Aufgrund der Unterschiedlichkeit in den Messmethoden liessen sich hiervon nur zwei Studien in einer Metaanalyse miteinander vergleichen. Selbst diese Studien wiesen gewisse methodologische Einschränkungen auf. Die Autoren fanden heraus, dass es eine gewisse Evidenz (Beweislast) für die positive Wirkung der Akupunktur auf die ADHS-Kernsymptomatik gibt, daß sich aber aufgrund der noch etwas dünnen Datendecke noch keine schlussendlichen Empfehlungen aussprechen lassen (Li et al., 2011).
Einige Daten zeigen, dass Akupunktur und MPH (z.B. Ritalin) ebenbürtige Ergebnisse liefern, dass die kombinierte Behandlung der alleinigen pharmakologischen Therapie jedoch überlegen ist (vgl. Li et al., 2011).
Zusammengefasst: Die wissenschaftliche 'Eisdecke' ist bereits im gewissen Maße tragend, muss jedoch noch aushärten, um letzliche Sicherheit zu garantieren, alle Schlittschuhläufer*innen tragen zu können.
Der Autor dieser Seite führte im Rahmen seiner MSc-Dissertation eine Studie zum Thema durch. Diese zeigte ebenfalls einen positiven Einfluss der Akupunktur sowohl auf die ADHS-Kernsymptomatik als auch auf die Wahrnehmung von/ den Umgang mit Stress (vgl. May, 2019).
In Bezug auf häufig mit ADHS vergesellschafteten Beschwerden wie Angst- und Panikstörungen sowie depressiven Erkrankungen (welche ebenfalls mit hohem Stress für die Betroffenen einhergehen) liegt eine größere Dichte an ausgewerteten Daten vor:
In der Behandlung von einigen Varianten der Depression/ depressiven Störungen gilt die Akupunktur mittlerweile als evidence-based. Ihre Wirksamkeit als gleichwertig der Behandlung mit Antidepressiva (SSRI) ist belegt und erwiesen (vgl. Evidence-based Acupuncture.com, 2019).
Welche Hilfe kann die chinesische Arzneimitteltherapie (CHM) Menschen mit symptomatischem ADHS bieten?
Auch die chinesische Azneimitteltherapie (Chinese Herbal Medicine CHM) ist ein Ansatz, um die mit ADHS einhergehenden Symptome zu lindern. Sie folgt denselben grundsätzlichen chinesisch-medizinischen Modellen wie die Akupunktur.
Die überwiegend aus pflanzlichen Arzneidrogen zusammengesetzten Arzneirezepturen wirken u.a. ausgleichend auf das vegetative Nervensystem. Klassisch als Dekokt (Abkochung) eingenomen, stehen heute Granulate oder auch Kapseln und Tabletten zur Verfügung. Aus einem Repertoire in Frage kommender Rezepturen wird mittels Differenzialdiagnostik diejenige herausgefiltert und ggf. modifiziert (d.h. es werden u.U. einzelne Arzneidrogen herausgenommern u/o andere hinzugefügt), die das Beschwerdebild des/ der jeweiligen Patient*in individuell adressiert.
Wie ist der Stand der Forschung hierzu?
Einige Forschungsarbeiten zeigen einen positiven Effekt der CHM auf die ADHS-Kernsymptomatik.
Leider sind die Studien sehr heterogen in der Wahl der jeweiligen Arzneirezeptur. Dies ist zu betrachten im Kontext der chinesischen Arzneimitteltherapie, dernach trotz gleicher 'Krankheitsdiagnose' (im vorliegenden Kontext ADHS) die zum Einsatz kommende Arzneirezeptur sich immer am individuellen Beschwerdebild des/ der jeweiligen Patieten/ Patientin orientiert.
Beonders erwähnenswert ist hier eine hochwertige Studie der Kolleg:innen um M. Katz (vgl. Katz et al., 2010), die eine aufwendige Studie zum Thema durchführten und einen synonym riechenden und schmeckenden Placebo zur chinesischen Arzneirezeptur entwickelten.
Diese methodologisch sehr gute Studie zeigte einen ebenbürtigen Effekt der chinesischen Arzneimittelrezeptur im Vergleich zu Ritalin bei besseren anhaltenden Ergebnissen der CHM nach Absetzen der Therapie im Vergleich zu Ritalin/ Methylphenidat.
Ähnlich wie weiter oben in Bezug auf die Effektivität der Akupunktur formuliert, greift auch hier wieder die Analogie mit der 'Eisdecke': Die wissenschaftliche 'Eisdecke' ist partiell tragfähig, muss aber noch weiter aushärten. Die Vorhersage ist zuversichtlich und hoffnungsreich.
Lesen Sie nachstehend einen wissenschaftlichen Artikel, den Nils May und Dr. Ashley Bennett im Sommer 2023 im peer-reviewten Integrative Medicine: A Clinician's Journal veröffentlicht haben:
http://imjournal.com/abstract/index.html?id=105129
Wie beschreibt die Chinesische Medizin die Besonderheiten, die unter dem Begriff ADHS subsummiert werden?
Hier musszu allererst auf die Besonderheit der chinesisch-medizinischen Begrifflichkeiten hingewiesen werden. Ohne nähere Erläuterung mögen diese eher Fragen aufwerfen anstatt Erklärungen bereitzustellen. Daher ist an dieser Stelle ein kleiner Exkurs unumgänglich.
Die Chinesische Medizin betrachtet die Besonderheiten, die unter dem Begriff ADHS subsummiert werden, als ein Ungleichgewicht verschiedener biofunktioneller und Organsysteme.
Chinesisch-medizinische (Differential-) Diagnosen wie 'Leber-Qi-Stagnation', möglicherweise ein zugrundeliegender 'Leber-Blut'- oder 'Leber-Yang-Mangel', häufig einhergehend mit 'aufsteigendem Leber-Yang' oder gar 'Leber-Feuer', oder ein (konstiutionell) geschwächtes Qi des Funktionskreises 'Milz/Pankreas/Magen' respektive ein konstitutionell geschwächtes 'Jing' des Funktionssystems der Nieren/Nebennieren kommen in Betracht (vgl. z.B. Ni et al., 2014).
Was hat es hiermit auf sich?
Im Chinesischen gab und gibt es eine rigorose Trennung ins Ausschließlich-Körperliche und Ausschließlich-Geistige per se nicht.
In der Chinesischen Medizin sind bestimmte den Geist und die 'Seele' betreffende Vorgänge - im Chinesischen am ehesten den Konzepten Shen und Ling entsprechend - mit jeweils entsprechenden Zang Fu, den inneren Organen bzw. Organsystemen/ Funktionskreisen assoziiert.
'Systemen' deshalb, weil mit jedem jeweiligen Yin- oder Yang-Organ ein Konzept bestehend aus dem eigentlichen Organ, dessen lokalen und systemischen Aufgaben, inclusive seinen Einflüssen auf jeweils bestimmte Gewebe oder Strukturen, ein jeweiliges Sinnesorgan, die von ihm ausgehenden bzw. zu ihm führenden 'Leitbahnen’ ('Meridianen') und eben auch seinen jeweiligen assoziierten psychoemotionalen Entsprechungen und Aspekten beschrieben werden.
Weitreichende Assoziationen wie Tages- und Jahreszeiten, Himmelsrichtungen usw. bilden die Grundlage der Wu Xing- oder 5 Wandlungsphasen-Theorie, einer bedeutenden Schulrichtung innerhalb der TCM, welche auf aus Naturbeobachtungen abgeleiteten makro- (also in der natürlichen Umwelt vorkommend) und mikrokosmischen Entsprechungen (also in diesem Fall dem Menschen und seinen Organsystemen) Entsprechungen beruht.
Wichtig und unabdingbar für das Verständnis der Chinesischen Medizin ist außerdem die postulierte Erkenntnis, dass sämtliche lebenden Organismen von einer Art Vitalenergie durchströmt werden, dem Qi. Dieses setzt sich aus endogenem, also 'körpereigenen’ Qi und dem Qing Qi der Atemluft zusammenst und fächert sich in vielerlei differenzierte Formen mit spezifischen Funktionalitäten auf, ähnlich dem Verständnis vom Blut der Biomedizin mit den Aufteilungen in die Erythrozyten, die 'roten Blutkörperchen', die Thrombozyten ('Gerinnungsplättchen') und die verschiedenen Anteile der Leukozyten, der 'weißen Blutkörperchen' mit ihren vielfältigen Untergruppen und deren mannigfalten Funktionen.
In Bezug auf die Beschreibungen zum Thema ADHS am Anfang dieses Absatzes sind vor allem die 'Organsysteme'/ Funktionskreise der Leber, der Milz/ Bauchspeicheldrüse und der Niere/ Nebenniere interessant:
Der Funktionskreis 'Leber' hat die physiologische Aufgabe, im ganzen Organismus den Fluss des Qis, des Blutes, und auch der Emotionen zu gewährleisten. Dem 'Leber-Yin' und dem 'Leber-Blut' kommt hierbei eine strukturgebende, eher 'ausgleichende' und parasympathikotone 'Qualität' zu. Wenn diese sich (z.B. konstitutionell) in einem geschwächten Zustand befindet, kann das 'Leber-Yang' oder in schwereren Fällen das 'Leber-Feuer' oder der 'Leber-Wind' ungehindert 'emporsteigen' und z.B. Spannungs- oder migränergen Kopfschmerz, Bluthochdruck, neurologische Tics, Schwindel, Zornes- oder Wutausbrüche hervorrufen.
Ein 'stagniertes Leber-Qi' ist mit Schmerzen (in verschiedenen Arealen des Körpers, je nach dem wo die Stagnation stattfindet), z.B. Dysmennorrhoen oder Magenschleimhautgeschehen) oder auch mit Niedergeschlagenheit und Frustration assoziiert.
Das Organsystem der 'Milz/Bauschspeicheldrüse' wiederum ist im geistigen und psycho-emotionalen Kontext mit der Fähigkeit zur gedanklichen Fokussierung assoziiert. Ein durch konstitutionelle oder lebenswandelbezogene Faktoren geschwächtes 'Milz-Qi' oder 'Milz-Yang' führt zu Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwierigkeiten, zu einem Gefühl 'mangelnder Verwurzelung' oder kreisenden Gedanken/ Gedankenketten, die häufig mit Schlafstörungen einhergehen. Auf einer körperlichen Ebene sind zum Beispiel einige Magen-Darm-Beschwerden, Stoffwechselerkrankungen, Bindegewebsthematiken, Menstruationstörungen, aber auch einige immunologische oder die Atemwege betreffende Beschwerden mit dem Funktionskreis 'Milz/ Bauschspeicheldrüse' assoziiert.
Der Funktionskreis 'Niere/ Nebenniere' ist eng mit der konstitutionelle Beschaffenheit eines Menschen, seinen urogenitalen und reproduktiven Systemen assoziiert.
Die im biomedizinischen Kontext bei ADHS immens relevante Achse bestehend aus dem Hypothalamus, der Hypophyse und der Nebenniere (HPA-Axis) mit Bezug zu kortikoiden (also das Cortisol, umgangssprachlich 'Stresshormon', betreffenden), dopaminergen, adrenergen und noradrenergen (also Dopamin, Adrenalin und Noradrenalin betreffenden) Abläufen ist innerhalb der chinesisch-medizinischen Modelle eng mit den Funktionskreisen 'Leber' und '(Neben-) Niere' verknüpft.
Kommt eine Behandlung mittels Akupunktur und/ oder CHM für mich/ meinen Sohn/ meine Tochter in Frage?
Diese Frage muss individuell beantwortet werden. Empirische Erfahrungen zeigen zeigen die Erfolge sowohl der Akupunktur als auch der chinesischen Arzneimitteltherapie (CHM).
Auch wenn derzeit die Beweislast aus methodologisch den Kriterien der evidenzbasierten Medizin genüge tuenden Studien noch etwas dünn ist, ist die wissenschaftliche Datenlage dennoch vielversprechend (siehe oben).
Herr May berät Sie hierzu gerne!
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Literaturverzeichnis resp. interessante weiterführende Links/ DOIs und PDFs zu oben erwähnten Forschungsarbeiten
Chen, Y.C., Wu, L.K., Lee, M.S., Kung Y.L. (2021) The Efficacy of Acupuncture Treatment for Attention Deficit Hyperactivity Disorder: A Systematic Review and Meta-Analysis. Complementary Medicine Research, 28(4), 357-367, doi: 10.1159/000513655.
Eapen V. (2012). Neurodevelopmental Genes Have Not Read The DSM Criteria: Or, Have They? Frontiers in psychiatry, [e-journal] 3(75), 1-3. doi: 10.3389/fpsyt.2012.00075.
Evidence-based Acupuncture: https://www.evidencebasedacupuncture.org
Faraone, S.V. and Larsson, H. (2019). Genetics of attention deficit hyperactivity disorder. Molecular Psychiatry, [e-journal] 24(4), 562-575. doi: 10.1038/s41380-018-0070-0.
Fredriksen, M. and Peleikis, D. (2015) Long-Term Pharmacotherapy of Adults With! Attention Deficit Hyperactivity Disorder: A Literature Review and Clinical Study. Basic & Clinical Pharmacology & Toxicology, 118(1), 3-31.
Lee, M., Choi, T., Kim, J. et al. (2011) Acupuncture for Treating Attention Deficit Hyperactivity Disorder: A Systematic Review and Meta-Analysis. Chinese Journal of Integrative Medicine, 17(4), 257-260.
Li, S., Yu, B., Zhou, D. et al. (2011) Acupuncture for Attention Deficit Hyperactivity Disorder (ADHD) in children and adolescents (Review) [online] Cochrane Database of Systematic Reviews. Available at: https://www.cochranelibrary.com/cdsr/doi/10.1002/14651858.CD007839.pub2/abstract.
May, N. (2019) The Impact of Acupuncture on self-perceived Stress and ADHD Core Symptomatologyin an adult, Atomoxetine-taking ADHD Participant. An in-depth Single Case Study. MSc-Dissertation, [PDF] Northern College of Acupuncture, York, UK.
Ni, X., Zhang-James, Y., Han, X. et al. (2014) Traditional Chinese Medicine in the Treatment of ADHD. Child and Adolescent Psychiatric Clinics of North America, 23(4), 853-881.
White, H. and Shah, P. (2011) Creative style and achievement in adults with attention-deficit/hyperactivity disorder. Personality and Individual Differences, 5(11), 673-677.